Im Durchzug
Kapelle Sorelle • 26.04.2024 • SteinliChäller
Kann man Akkordeon spielen, wenn der Balg kaputt ist?
Diese ungewöhnliche Frage stellte sich das Publikum am Freitag, 26. April 2024, im Steinlichäller Möhlin: «Kapelle Sorelle», die seit über 30 Jahren als «Bühnenschwestern» miteinander unterwegs sind, boten im sehr gut besuchten Steinlichäller auf Einladung der Kulturkommission ein abwechslungsreiches Programm aus Musik und Wort, bei dem auch diese Frage beantwortet wurde: Ja, es geht!
«Die Schnäbel sind gewetzt, die Schuhe poliert und die Instrumente gestimmt!» Die beiden Künstlerinnen, Ursina Gregori und Charlotte Wittmer, begannen aber nicht auf der Bühne, sondern betraten den Steinlichäller aus dem Dunkeln von hinten, musizierend und mit schwerem Gepäck beladen. Noch spielten sie nicht auf ihren Instrumenten – diese waren noch in ihren Koffern verstaut -, sondern benutzen ihre Stimmen, ihre Lippen sowie kleine Cinellen. Mit einer repetierten Melodienfolge stimmten sie das Publikum auf 80 Minuten abwechslungsreichen Programms ein.
Schnabelwetzer und Opernmelodien
Auf der Bühne angekommen, sortierten die beiden Bühnenschwestern ihr schweres Gepäck und leiteten mit zwei Zungenbrechern den Abend voller Sprach- und Musikperlen ein. In halsbreche-rischer Geschwindigkeit flossen Sprüche ein und verknoteten fast die Gehörgänge. Es wurde meisterlich gejodelt, getanzt und auch Mozarts Duett zwischen Papageno und Papagena in ungewohnten Klängen gesungen.
Die beiden Künstlerinnen begleiteten ihre Lieder auf Akkordeons: das allein wäre wenig spektakulär, wenn sie nicht ein spezielles, extra für sie gebautes sieben Meter langes Instrument im Gepäck gehabt hätten. Mit dem Balg stellten sie etliche lustige Situationen dar wie beispielsweise die Imitation eines chinesischen Drachen, der sich über die Bühne schlängelt, oder eine Bettdecke, die über die beiden müden Sängerinnen gelegt wird.
Wie funktioniert das?
Einen Überraschungsmoment – oder war es gar ein Schreckmoment – erlebte das Publikum, als Gregori und Wittmer nach einem kurzen «Ausflug» hinter den Vorhang traurig mit einem zerrissenen Akkordeon zurückkamen. Es gab keinen Ton mehr von sich und man bangte schon, dass nun die beiden normalen Instrumente vom Anfang des Abends wieder hervorgeholt werden müssten. Doch weit gefehlt: der Erfindungsreichtum kannte keine Grenzen, denn Charlotte Wittmer stellte das Akkordeon mit der offenen Seite auf einen der mitgebrachten Koffer – et voilà! So entlockte sie dem Instrument wieder Töne, die Aufführung konnte weitergehen. Und damit beantwortet sich auch die Frage, ob ein Akkordeon gespielt werden kann, wenn der Balg zerrissen ist: ja, es geht.
Der Abend endete, wie er begonnen hatte, nämlich mit Kofferschleppen und Melodiensingen beim Auszug aus dem Steinlichäller. Das Publikum bekam noch eine Zugabe und dankte den beiden Künstlerinnen mit anhaltendem Applaus und begeisterten Kommentaren beim anschliessenden Apéro im Foyer. Die beiden Künstlerinnen gesellten sich auf ein Gläschen Sekt dazu und liessen bei angeregten Gesprächen den schönen Abend ausklingen.
Autorin: Astrid Pfoster
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